domingo, 20 de agosto de 2017

„Letztendlich sind wir dem Universum egal“ von David Levithan



Letztendlich sind wir dem Universum egal
Autor: David Levithan
Label: Fischer FJB 
Genre: Jugendbuch – Roman
Verfügbarkeit: e-book/download, Taschenbuch, Hörbuch
ISBN: 9783596811564
Preis: € 8,49 (e-book), € 9,99 (Taschenbuch), € 12,99 (Hörbuch)




Klappentext:


Die Geschichte einer ungewöhnlichen ersten großen Liebe – und ein phantastischer Roman, wie er realistischer nicht sein könnte.

Jeden Morgen wacht A in einem anderen Körper auf, in einem anderen Leben. Nie weiß er vorher, wer er heute ist. A hat sich an dieses Leben gewöhnt und er hat Regeln aufgestellt: Lass dich niemals zu sehr darauf ein. Falle nicht auf. Hinterlasse keine Spuren.
Doch dann verliebt A sich unsterblich in Rhiannon. Kann sie jemanden lieben, dessen Schicksal es ist, jeden Tag ein anderer zu sein?



Rezension:


Bei einem Ausflug in die Shoppingwelt durfte natürlich auch ein Abstecher bei einem Buchhändler vor Ort nicht fehlen. Gesagt getan, raus aus dem Trubel der Kauflustigen, rein ins Lesevergnügen. Völlig ohne bestimmte Kaufabsicht, bin ich im Stöbermodus durch die Regale geschlendert und bei diesem Exemplar hängengeblieben. Ein Griff, Klappentext gelesen, schön entspannt vor Ort ein paar Seiten gelesen und direkt das Exemplar gekauft. Die Rezension hat mich vor eine kleine Herausforderung gestellt. Warum das so war? Weil dieses Buch polarisiert, auf mehreren Ebenen und mich beeindruckt und bewegt hat, sodass es herausfordernd war, es angemessen zu rezensieren. Aber eins nach dem anderen.

Die erste Besonderheit ist, dass dieses Buch nicht in dem Sinne in Kapitel gegliedert ist, sondern in Tage. A ist bei Beginn des Buches mittlerweile ca. 16 Jahre alt und wacht jeden Tag in einem anderen Körper auf, der auch 16 Jahre alt ist. Er wechselt also nicht vom 16 jährigen in einen 60 jährigen Körper. Man weiß nicht, ob A männlich oder weiblich ist, oder ob er (ich nenne ihn der Einfachheit halber mal er und assoziiere A mit einer männlichen Person) es selber weiß, da er seit dem Beginn seiner Erinnerungen als Kind bereits jeden Tag in einem fremden Körper aufwacht. In diesem Körper bleibt er dann für einen Tag, bis Mitternacht und kann die wichtigsten Erinnerungen der Person, in der er „steckt“, wie Informationen abrufen, um sich so für einen Tag mit dem Leben des jeweiligen zurechtzufinden, ohne Spuren zu hinterlassen, ohne sich auf etwas einzulassen. Derjenige, in dem A steckt, bemerkt nichts davon. Für ihn ist es ein Tag, wie jeder andere auch. Und so nimmt David Levithan den Leser direkt und ohne große Umschweife mit in das Leben des A. Beginnend mit dem Tag 5994 (wenn man das in Jahre umrechnet, kommt man auf 16 Komma und ein paar zerquetschte 😊 ) findet sich A in Justins Körper wieder. Was A jedoch nicht weiß, dass dieser Tag sein Leben komplett auf den Kopf stellen wird und sich alles verändern wird. A verliebt sich in Justins Freundin Rhiannon und das stellt sein bisheriges einsames Leben, komplett auf den Kopf.

David Levithan hat einen recht lockeren Schreibstil, der es einem einfach macht, die Zeilen zu verschlingen und obwohl dieses Buch in die Kategorie Jugendbuch fällt, so ist es doch viel mehr als das. Er stellt seinen Protagonisten, wobei man dort eigentlich von mehreren sprechen muss, authentisch und tief dar und die Idee hinter der Geschichte, die er aufgebaut hat, finde ich genial. Zum einen könnte man die Grundidee dem Bereich Phantasy zuordnen, rein Phantasy ist es aber nicht ausschließlich. Die Liebesgeschichte zwischen A und Rhiannon gehört wohl zu dem Genre Roman, ein einfacher Roman ist es aber nicht. Mal ist A ein schwarzer, mal weiß, mal beliebt, mal dick, mal dünn, mal schwul, hetero oder lesbisch, depressiv mit suizidialen Gedanken, in all diese Merkmale, die einen Menschen ausmachen, nimmt der Autor den Leser mit und man stellt sich oft die Frage, was ist ein Mensch und macht ihn aus und wie gehen wir miteinander um bzw. sollten miteinander umgehen.


„Erst in den Feinheiten wird es kompliziert und kontrovers – wenn die Mehrheit sich schwertut anzuerkennen, dass wir achtundneunzig Prozent miteinander gemeinsam haben, ganz gleich, welcher Religion, Rasse oder Geschlecht wir angehören und woher wir kommen. (…) Aus unerfindlichen Gründen konzentrieren wir uns gern auf die zwei Prozent, in denen wir uns unterscheiden, und daraus resultieren die meisten Konflikte in der Welt.“ (S. 101)

Und so findet man sich mit einem Buch in den Händen wieder, welches ein Potpourri aus verschiedenen Themen und Genres aufbaut, aber dennoch stimmig im Plot ist und sehr viel tiefgründiger, als ich es während des Lesens teilweise dachte.

Ehe ich mich versah, hatte ich mich mit der Identifikationsfigur A verbunden. Der Autor beschreibt die Gefühle und Gedanken sehr genau, ohne aber dabei kitschig zu wirken. Man ist so nah in der Geschichte drin, hat aber dennoch die Möglichkeit von außen einen Blick auf alles werfen zu können. Zwischendurch hätte ich mir am liebsten einige Textzeilen markiert, um sie festzuhalten und immer wieder zu lesen. David Levithans Schreibstil geht mitten ins Herz und ich habe manchmal kurz inne gehalten und über das gerade gelesene nachgedacht.

Zu Anfang der Geschichte, bekommt man einen relativ besonnenen Blick auf das Leben von A und wie es sich für ihn gestaltet. Es scheint, als hat er sich mit seiner Einsamkeit abgefunden. Er ist zwar unter Menschen, aber niemals kann er er selbst sein. Es gibt keine Beständigkeit für ihn. Er ist in familiäre Bande verwoben, aber immer nur für einen Tag und niemals in seine eigenen. Er weiß, dass er alleine ist, was für uns „Normalsterbliche“ selbstverständlich ist, all das hat A nicht. Er kann niemals Bindungen aufbauen, da nichts für ihn beständig ist, hat keine eigene Familie, keine Freunde, nichts und so scheint es, als habe er sich damit abgefunden, dass es dies für ihn nicht gibt und ist davon überzeugt, dass er dem Universum egal ist.

„Ich bin Treibgut, und so einsam das mitunter sein kann, es ist auch enorm befreiend. Ich werde mich niemals über jemand anderen definieren. Ich werde nie den Druck von Gleichaltrigen oder die Last elterlicher Erwartung spüren. Ich kann alle Teile eines Ganzen betrachten und mich auf das Ganze konzentrieren, nicht auf die Teile. Ich habe gelernt zu beobachten, weit besser als die meisten anderen Menschen. Die Vergangenheit setzt mir keine Scheuklappen auf, die Zukunft motiviert mich nicht. Ich konzentriere mich auf die Gegenwart, denn nur in ihr ist es mir bestimmt, zu leben.“ (S. 15)

Das ändert sich jedoch, als er sich in Rhiannon verliebt. Er wirft seine Prinzipien über Bord, keine Spuren zu hinterlassen und verspürt das Verlangen nach Beständigkeit, ist aber hin und her gerissen, denn wie soll es funktionieren, wenn man nicht weiß, wer man am nächsten Tag ist, in welchem Körper man steckt, ohne sich an etwas orientieren zu können und ist es möglich, dass ein Mensch, dass Rhiannon ihn lieben kann. Er, der so gestaltlos ist, jeden Tag körperlich jemand anders, im Inneren aber zugleich so beständig ist.

Kritiker mögen bemängeln, dass in der Geschichte nicht jede Frage beantwortet wird: Warum A so ist, warum er immer in gleichaltrigen Körpern steckt... Darum geht es aber im Grunde in der Geschichte nicht und die Beantwortung dieser Fragen ist für den Plot eigentlich irrelevant.

Und weil das Buch an sich eine Besonderheit ist, so stellt auch das Ende eine Besonderheit dar. Eigentlich ist es ein Abschluss, ließe aber möglichen Handlungsspielraum für eine Fortsetzung offen. Ich möchte aber nicht zu viel vorweg nehmen, liest selbst, wenn ihr mögt 😉

Ich kann nur für mich sagen, dass mich der Roman gefesselt hat und ihn ein einem Rutsch durchgelesen habe, um zu erfahren, wie es mit A weitergeht. Wer ist A am nächsten Tag? Was wird er dort erleben? Finden er und Rhiannon zusammen oder nicht? Ja, es ist eine Teenieromanze, aber in der Gesamtsumme ist David Levithan in meinen Augen eine Meisterleistung geglückt, der Plot für mich ein kleines Juwel und ich kann nur eine absolute Kaufempfehlung aussprechen. Es lohnt sich dieses Buch zu lesen. Daher wünsche ich euch viel Spaß dabei und verbleibe mit dem schönen Zitat, welches im Grunde die Kernaussage darstellt:


„Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit.
Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein.“(S. 392)


Über den Autor:

David Levithan, geboren 1972, ist Verleger eines der größten Kinder- und Jugendbuchverlage in den USA und Autor vieler erfolgreicher Jugendbücher. Unter anderem „Will &Will“ (gemeinsam mit John Green) und „Two Boys Kissing“. Sein Roman „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ erhielt den Deutschen Jugendliteraturpreis 2015 in der Kategorie Jugendjury. Er lebt in Hoboken, New Jersey.



Folgeromane*:


„Letztendlich geht es nur um dich“



*Dieses Buch stellt laut Klappentext die obige Geschichte aus der Sicht von Rhiannon dar.

No hay comentarios:

Publicar un comentario